Was ist ZeitBisher glaubte man, dass vor etwa 6000 Jahren die Menschen in Ägypten zu verstehen begannen, dass ein Jahr 365 Tage hat. Neueste Entdeckungen in Göbekli Tepe in der Türkei scheinen nun eine Kalendereintragung entdeckt zu haben, die 12.000 Jahre alt ist und auch schon einen Kalender mit 365 Tagen verwendet (Auch vermuten die Entdecker der Inschriften, dass damals schon die Präzession - die Schwankung der Erdachse - bekannt war, die die Bewegung der Sternbilder am Himmel beeinflusst, und zwar mindestens 10 000 Jahre, bevor das Phänomen um 150 v. Chr. von dem Griechen Hipparchos von Nicäa dokumentiert wurde.). Der Widerspruch zwischen dem scheinbar natürlicheren Mondkalender und dem Sonnenkalender zieht sich durch viele Kulturen und erschwerte den Menschen, Ordnung in ihren Zeitbegriff zu bringen. Teilweise wurden diese sogar parallel benutzt. So existierte in der Maya-Kultur, obwohl die Mayas den genauesten Kalender überhaupt geschaffen hatten, mit einem 'korrigierten Mayasonnenjahr', das um 1/10.000 Tag genauer als das gregorianische Jahr war, gleichzeitig neben einem Ritualkalender von 260 Tagen und einem Venusjahr von 584 Tagen, ein Mondhalbjahr von 177 Tagen und 354 Tagen pro Jahr. Grundlage für alle Kalender ist die Bahn der Erde um die Sonne und die Bahn des Mondes, also Sonnenjahr und Mondjahr. Das tropische Jahr hat 365,2422 Tage, 12 Mondmonate sind 12 x 29,5306 Tage =354,3672 Tage pro Jahr. Der beste Kompromiss war deshalb der in Mesopotamien übliche Kalender um 1700 v.Chr, das Lunisolarjahr mit einem Zyklus von 19 Jahren. Um 2000 v.Chr. war aber schon der babylonische Kalender entstanden, der den Mondzyklus auf eine Umlaufzeit von etwas mehr als 29,5 Tage berechnete, weshalb bei ihnen der Kalender in zwölf Monate mit je 30 Tagen aufteilte (~ 354,4 Tage). Die Sumerer hatten als Erste einen Kalender um 3000 v.Chr. im so genannten sexagesimalen System, in dem ein Tag 24 Stunden, eine Stunde 60 Minuten und eine Minute 60 Sekunden hat, vor etwa 3000 vor Chr. entwickelt. Der muslimische Kalender ist bis heute ein reines Mondjahr, die Monate haben 29 oder 30 Tage. Größere Zyklen bestehen aus 30 Mondjahren, die wiederum zu 19 Jahre mit 354 Tagen und 11 Jahren mit 355 Tagen unterteilt sind. Eine Liste der verschiedenen Kalendersysteme ist hier zu finden. Der in der Ägyptologie als 'bürgerlicher' Kalender bezeichnete ägyptische Kalender war über weite Zeiträume der genaueste. In den Kalendern vieler Kulturen aber hielt sich lange noch ein Relikt aus archaischem Unverständnis: am Ende des Jahres fand sich in vielen Kalendern ein 'Schmutzrest' von 5 Tagen, mit denen man nicht so recht etwas anfangen konnte (s. z.B. Raunächte). Die Ägypter und Mayas rechneten mit 360 Tagen im Jahr und 5 Schalttagen. Pharao Kanopus hat dann im Jahr 280 v.Chr. zu den 365 Tagen alle 4 Jahre einen zusätzlichen Schalttag eingeführt. J. Caesar hat dies in seiner Kalenderreform 46 v.Chr. übernommen. Um 525 wurde Jesus' Geburt als Jahr Null (Mönch Dionysius Exiguus 'Anno Domini') festgelegt. Die heutige Schalttag-Regelung stammt aus der Reform durch Papst Gregor XIII (1582). Mit der Renaissance und später der Neuzeit wandelte sich der Zeitbegriff grundlegend. Zeigten die ersten öffentlichen mechanischen Uhren um 1300 an Kirchen und öffentlichen Gebäuden zuerst nur die Stunden, so begannen bald schon die ersten Uhrmacher Komplikationen in ihre Uhren einzubauen. Da die Minute im öffentlichen Bewusstsein noch lange nicht wahrgenommen wurde, bestanden die Komplikationen oft aus sich drehenden, erscheinenden und wieder verschwindenden Heiligen oder anderen mehr oder weniger sinnvollen Gleichnissen, Allegorien oder Spielhandlungen. Die Uhr im Straßburger Münster ist ein Paradebeispiel hierfür, obwohl die heutige Uhr eine Version aus dem 19. Jh. ist (erste Version 1352). Sie zeigt ein Figurenspiel, dessen Figurenautomaten sich zu einer bestimmten Uhrzeit in Bewegung setzen. Man sieht die verschiedenen Lebensstufen, die - typisiert als Kind, junger Mensch, als Erwachsener und als Greis - vor dem Tod vorbeidefilieren. Apostel ziehen vor Christus vorbei. Flügelschlagen und Krähen eines großen Hahns sollen die Menschen zur täglichen Arbeit ermahnen. Ich gehe hier nicht ein auf die Entwicklung der Uhren, die unter anderem für eine präzise Navigation eine immer höhere Genauigkeit entfalten mussten. Die Minutenanzeige der Uhren erschien dann Stück um Stück als der Zeitbegriff der Menschen genauer wurde und die ersten Manufakturen mit Transmissionsmaschinen ausgerüstet wurden und einen gleichzeitigen Arbeitsbeginn erforderlich machten. Im öffentlichen Leben dagegen war die exakte Minute selbst noch bei der Einführung der ersten Eisenbahnen nicht wirklich relevant, die Abfahrt des Zuges verzögerte sich oft noch durch Eintreffen wichtiger Personengruppen oder Persönlichkeiten und Honoratioren, der Anschlusszug war noch nicht erfunden, somit Eile nicht geboten und Bahnhöfe - wie in Paris heute noch zu sehen (aber früher auch in Berlin oder London) - getrennt für von Osten, Westen, Norden und Süden ankommende und abfahrende Züge gebaut wurden. Eine Weiterfahrt über die Hauptstädte hinaus setzte einen innerstädtischen Pendelverkehr in diesen Städten voraus, der nun nach und nach erst entstand. Eine wahre Revolution in der gesellschaftlichen Wahrnehmung erfuhr der Zeitbegriff dann aber in der zweiten Hälfte des 19. Jh. durch die Eisenbahn. Bahnhöfe waren angewachsen auf mehrere parallele Gleise, auf denen Züge gleichzeitig einfuhren und abfuhren. Für sämtliche Bahnreisende wurde die Relativität der Bewegung erfahrbar: auf nebeneinander sich befindenden Gleisen war nicht mehr feststellbar, ob der durch das Fenster sichtbare Nebengleiszug beschleunigte oder der eigene Zug rückwärts fuhr. Und auch sämtliche anderen Effekte relativer Bewegung zeigten sich nun für jedermann. Wer sich im Zug bewegte, musste erkennen, dass die Beschleunigung des Zuges die eigene Fortbewegung behinderte oder beschleunigte und das Abbremsen des Zuges die Menschen zu Fall bringen konnte, weil dies für sie unerwartet kam. Zeitungen und Zeitschriften brachten Erfahrungsberichte hierzu, Physiker generalisierten diese Erfahrungen natürlich sogleich: was passiert, wenn ich einen Pfeil, eine Kugel im Zug abschieße, was geschieht mit dem schnellsten damaligen physikalischen Phänomen, was geschieht, wenn ich im (lichtschnellen) Zug einen Lichtstrahl nach vorne, unten oder hinten richte? Man erkannte, dass für Geschwindigkeitsangaben immer die Angabe des Bezugsystems mit angegeben werden muss. In der weiteren Überlegung schloss man dann ein, wie sich Zeit für den fahrenden Beobachter und einen externen Beobachter darstellt. Ebenso die Eisenbahn machte die Normierung der Zeit notwendig. Im Duodezfürsten-Deutschland etwa herrschten in jedem kleinen Fürstentum andere Maße, andere Zeiten, andere Währungen, andere Postzeichen. Da Züge aber sich nicht an die engen Grenzen der Duodezfürstentümer hielten, musste als erstes die Zeit normiert werden. Einheitliche Zeit in ganz Deutschland war daher in der zweiten Hälfte des 19. Jh. notwendig und bald auch in ganz Europa, da Züge relativ schnell auch die nationalen Grenzen überquerten. Die Bahnen in Preußen, Mecklenburg, Oldenburg, Sachsen und Elsass-Lothringen verwendeten im dienstlichen Betrieb die Berliner Zeit. Es gab im Bahnbetrieb eine „Innerer Dienst“ genannte Zeit und den „Äußeren Dienst“, nach dem sich die Fahrzeiten der Bahn orientierte. Für Bahnreisende, aber auch die Bahnmitarbeiter bedeutete dies, ständig mit zwei Zeiten und Uhren umgehen zu müssen. Bei den Bahnen in Baden, in der Pfalz, Bayern, Württemberg und Hessen galt die Ortszeit ihrer Haupt- und Regierungsstädte. Die Zeitunterschiede betrugen bis zu 20 Minuten, je nach Bahngesellschaft. Um 1870 wurden die Eisenbahngesellschaften verstaatlicht und die Eisenbahn im ganzen Kaiserreich vereinheitlicht. Fahrpläne wurden angepasst. Aber erst 1893 wurden sämtliche Zeiten im deutschen Reich vereinheitlicht, eine einheitliche Zeitzone geschaffen. England und das zentralistisch geführte Frankreich hatten diese Probleme nicht. Was die Philosophie zur Zeit herausgefunden hat, kann man in Wikipedia nachlesen und wie üblich als Ausgangspunkt eigener tieferer Recherche nutzen. Einfache, offensichtliche Kategorien wie die „Richtung der Zeit“, der Zeitpfeil und Bestimmungen des Wesens der Zeit, Versuche zur Definition von Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft wurden von Platon, Aristoteles, Augustinus, Leibniz, Kant oder Bergson gegeben. Seneca, Augustinus, Newton, Leibniz, Kant, Heidegger, Kirkegard, E. Mach haben sich etwas tiefer mit Zeit auseinandergesetzt, aber eine physikalisch sinnvolle Definition ist bekanntlich bis heute unterblieben. In der Musik spielt bekanntlich Zeit eine dominierende Rolle, im Zusammenspiel ergeben sich Resonanzen, der Begriff der 'Gruppenresonanz' findet sich zunehmend in Musikliteratur. Der Zusammenhang zwischen Tempogestaltung und Phrasenstruktur scheint in uns Menschen tief verankert zu sein.
Für Newton war die Zeit absolut und somit die gleiche an jedem Ort des Universums: "Die absolute, wahre und mathematische Zeit verfließt an sich und vermöge ihrer Natur gleichförmig, und ohne Beziehung auf irgend einen äußern Gegenstand." (Leibnitz sah dies übrigens schon moderner, näher an unserem heutigen Verständnis von Zeit.) In der klassischen Physik ist die Zeit unendlich ausgedehnt und nur von einer Dimension. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sind eindeutig und keiner der Zeitpunkte hat hervorgehobene Bedeutung. Was sagt die moderne Physik? In der Blockzeit fehlt jeglicher Bezug auf einen speziellen Augenblick. Sei es als Gegenwart oder Zukunft oder Vergangenheit. Zeitliche Prozesse gibt es nicht. In der Blockzeit der Physik vergeht Zeit nicht. Sie fließt auch nicht. Eine der etwas genaueren Angaben findet sich in Werken zur Thermodynamik: "Die thermodynamische Zeitasymmetrie ist eines der auffälligsten und folgenreichsten Merkmale des physikalischen Universums. Wärme fließt von heiß nach kalt, niemals umgekehrt. Der Geruch von Kaffee breitet sich in seinem gesamten verfügbaren Volumen aus, niemals umgekehrt. Automotoren wandeln Kraftstoffenergie in Arbeit und Wärmeenergie um, niemals umgekehrt". Entropie ist eng verknüpft mit Zeit. Prozesse der Realität sind irreversibel. Wenn wir in einem Wassergefäß mit einer Trennwand auf einer Seite einen Farbtropfen einträufeln und die Trennwand entfernen, erhalten wir nach kurzer Zeit eine vollkommene Durchmischung der Flüssigkeit auf beiden Seiten. Dies lässt sich nicht rückgängig machen. Auch sind, wie Plank bemerkte, sämtliche Prozesse bei denen Reibung stattfindet irreversibel. Auch scheint nach neueren Erkenntnissen der Zweite Hauptsatz der Thermodynamik nicht nur empirisch, stochastisch begründet zu sein, sondern mit den Prinzipien der Quantenmechanik verknüpft zu sein, dass Quanteneffekten auf einer fundamentalen Ebene Irreversibilität und Richtungsabhängigkeit eigen sind. Dr. Sam Baron, ein australischer Philosoph und Forscher, der sich mit dem Zeitbegriff in Philosophie und Physik auseinandergesetzt hat, plädiert nach Auswertung aktueller Literatur für die Nicht-Existenz der Zeit (An Introduction to the Philosophy of Time). Er sagt: “Während die Physik die Zeit abschafft, scheint sie die Kausalität intakt zu lassen: den Sinn, in dem eine Sache eine andere bewirken kann. Vielleicht sagt uns die Physik also, dass Kausalität und nicht Zeit das grundlegende Merkmal unseres Universums ist.” In vielen moderneren Texten zur Quantenphysik kann man lesen, dass Zeit nicht existiert. Zum Beispiel in der Schleifenquantengravitation gibt es keine Zeit. Sie ist einfach abgeschafft. In der Wheeler-DeWitt-Gleichung spielt Zeit keine Rolle. Sie taucht überhaupt nicht auf. Entsprechend kann sie danach keine fundamentale Größe sein. Es wäre natürlich beliebig viel Weiteres hier anzuführen, wer sich mit dem Thema schon länger beschäftigt hat, langweilt sich dann, Andere würden vielleicht nicht weiter lesen.
Deshalb hier folgende Definition von Zeit: Zeit ist eine Abfolge sich bedingender Zustände, kein nachfolgender Zustand kann ohne den davorliegenden Zustand existieren und gedacht werden, jeder - selbst der kleinste - Zeitabschnitt verändert die Realität fundamental. Diese Definition gilt zuvorderst einmal nur in unserer Makrowelt, in der bekanntlich viele physikalische Größen wie Materie, Licht, Energie, Ladung, Impuls, Drehimpuls, elektrischer Widerstand, magnetischer Fluss gequantelt sind. Was dies bedeutet und warum Zeit für uns so schwer zu verstehen ist, dazu später mehr. In unserer makroskopischen Welt ist bekanntlich eine Überlagerung von Zuständen nicht möglich. Die Gleichzeitigkeit von Zuständen bei Quantencomputern etwa ist nur in der mikroskopischen Welt vorhanden. Der Begriff der Dekohärenz ist hier entscheidend. Er besagt zwar, dass es keine scharfe Grenze zwischen unserer makroskopischen Welt und der mikroskopischen Quantenwelt gibt, es ergibt sich aber daraus, dass Zeit fest an unsere umgebende makroskopische Welt gekoppelt ist. Gegenstände unseres täglichen Lebens können immer nur in einem eindeutigen Zustand existieren, eine Überlagerung mehrerer Zustände ist nicht möglich. Falls Sie sich weiter über Quantenphysik informieren möchten, empfehle ich Ihnen die Bücher von Richard P. Feynman.
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